Auslandsjahre und Austausche sind extrem cool, ich glaube, da wirst du mir zustimmen. Man lernt neue Leute und Kulturen kennen, eventuell sogar noch eine neue Sprache und du wirst viel, viel selbstständiger. Das Vorbereiten darauf, kann aber echt stressig werden. Um dies zu vermeiden, oder wenigstens weniger stressig zu machen, habe ich hier ein paar Tipps für dich.
Corona hat vielen dieses Jahr einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ob Schüler-Austausch, Erasmus-Studium oder Auslandsjahr – das meiste musste wegen der Pandemie verschoben oder abgesagt werden. Wie es trotz Corona mit deinen Träumen von der großen weiten Welt, Auslandsreisen und auf unserem Blog weiter geht, erfährst du in diesem Beitrag.
Auslandsstudium im Lockdown
Frisch ins Erasmus-Semester in Italien gestartet und dann Corona. So ging es Jan-Lukas, der zu Beginn der Pandemie beim Studium in Rom von einem Tag auf den anderen in den Lockdown musste. Trotzdem hat er sich dazu entschieden zu bleiben: „Ich wollte ein halbes Jahr ins Ausland. Die Umstände sind jetzt zwar anders, aber das sind sie überall”, hat er damals erzählt.
Trotzdem konnte er Erfahrungen sammeln, die italienische Kultur kennen lernen und – nach dem Lockdown – mit dem nötigen Abstand die römischen Sehenswürdigkeiten bewundern. Jan-Lukas hat aus dieser Zeit besonders eins mitgenommen: „Man konnte jetzt sehen, dass wir uns auch auf das Minimale begrenzen können. Dass man trotzdem ein schönes Leben haben kann, auch wenn man sich einschränken muss”.
Dass es trotz Corona möglich ist, ins Ausland zu gehen, zeigt die Geschichte von Jan-Lukas. Allerdings musst du dich darauf einstellen, dass alles ganz anders sein wird: Neue Leute, die Kultur und das Land kennen zu lernen, sind eben mit Abstandhalten gar nicht so leicht und auch nicht für jeden das Richtige. Viele Austausch-Programme sind sogar ganz ausgefallen und so rückt ein Auslandsabenteuer in unerreichbare Ferne.
Die neue Blogger-Generation ist da
Trotzdem wollen wir dich auch weiterhin mit Geschichten rund um einen Aufenthalt im Ausland versorgen. Beim jährlichen Blogging-Workshop haben wir nach spannenden Themen für die kommenden Monate gesucht. Unsere neuen Bloggerinnen werden dabei aber erstmal aus good old Germany berichten.
Dich erwarten Erfahrungsberichte vergangener Auslandsaufenthalte, Tipps und Tricks für deine bevorstehende Reise oder Einblicke in die Planung. Diese individuellen Erfahrungen schildert eine immer andere Autorin in der neuen Kategorie „Mein erster Blog-Beitrag“.
Mit seinen 55.000 Einwohnern ist Horsens definitiv nicht als
Touristen-Hotspot bekannt und es kann zu Zeiten relativ langweilig werden. Das
hat man besonders in den Wintermonaten gemerkt, wo die Angebote der Stadt, wie
z.B. Konzerte, kleine Festivals oder Partys fast gar nicht mehr stattfanden.
Mit den ersten Sonnentagen im Frühling fing das Leben dann aber wieder richtig
an und es gab jedes Wochenende etwas Neues zu unternehmen. Eine Veranstaltung,
die jeden Frühling ein wenig herausgestochen hat, war der Besuch eines
Wanderzirkus direkt auf der Wiese am Fjord.
Da wo wir uns normalerweise zum Grillen, Fußball spielen
oder schwimmen gehen treffen, stand plötzlich eine Zirkus-Karavan mit allen
möglichen Tieren die nur mit dünner Abzäunung auf „unserer“ Wiese herumliefen.
Das sorgte in einer Kleinstadt wie Horsens für große Aufregung und wir haben
die nächsten drei Tage damit verbracht, uns mit den Elefanten anzufreunden.
Im Laufe des Frühlings wurden
auch wieder Veranstaltungen draußen für die Studenten organisiert, um das gute
Wetter zu genießen. Neben den typischen Bier-Pong-Turnieren und Motto-Partys,
gab es noch den sogenannten Biermarathon – eine Tradition.
Mein erster Biermarathon
Beim Biermarathon musste man sich mit einem anderen Studenten zusammentun und im Laufe der Veranstaltung einen vollen Bierkasten von der Uni, über Umwege, zur Studentenbar tragen. Auf der ca. 10km langen Strecke wurden verschiedene Stationen aufgebaut, bei denen man Minispiele gegen die anderen Teams gewinnen musste. Das Ziel war es, seinen Kasten vor Ankunft an der Ziellinie leer zu haben. Da das noch nicht spaßig genug war, haben sich auch noch alle Teams passend zum Teamnamen verkleidet.
Ich habe mich mit einem Freund zusammengetan und wir haben
uns als Bier-Soldaten verkleidet. Unserer Gewehre bestanden aus
zusammengeklebten Flaschen, Bierdosen dienten als Munitionsgürtel. Den Helm
haben wir schon früh im Rennen verloren, deswegen ist er nicht auf den Fotos.
Gewonnen haben wir das Rennen leider nicht, wenn ich mich
recht erinnere, sind wir aber unter den Top 3 von 20 Teams gelandet. Die
Gewinner haben übrigens ein Candle-Light-Dinner gewonnen, welches direkt nach
dem Rennen stattgefunden hat.
Das zweite Semester war von diesen großartigen
Veranstaltungen gespickt und ich habe mich ab da super wohl in Horsens gefühlt.
Diese Veranstaltungen sind sehr gut, um andere Studenten von anderen Programmen
kennenzulernen, da jeder auch gleich sehr offen gegenüber neuen Bekanntschaften ist.
Eine der Sachen, die mir auf der Bildungsmesse versprochen
wurden, als ich mich für das Studium in Horsens entschieden habe, war die
praktische Ausrichtung des Studiums. Das war sogar einer der entscheidenden
Faktoren, weswegen ich mich immer auf diese Aktivitäten gefreut habe. Nach nun
mehreren Monaten in Dänemark habe ich von dieser praktischen Ausrichtung leider
nicht allzu viel mitbekommen. Es wurden zwar verschiedene Exkursionen im Laufe
des ersten Semesters geplant, ein paar davon sind aber ins Wasser gefallen und
die, die tatsächlich stattgefunden haben, waren Firmenbesuche, wo wir den
halben Tag in einem Meetingraum saßen und einer Präsentation des Unternehmens
gefolgt sind. Nach fast einem Jahr wurde das alles aber endlich ein wenig
interessanter. Mit dem Geologie-Kurs sind wir die dänische Küste
heruntergefahren und haben uns verschiedene Steilklippen angeguckt, um die
verschiedenen geologischen Schichten zu analysieren und diese auf ihre
Stabilität und Zusammensetzung zu testen.
Danach fingen auch verschiedene passende Workshops in der
Uni an, welche begleitend zu den Kursen liefen. Passend zu Kursen wie z.B.
Gebäudeversorgung, hatten wir kurze Klempner- und Schweißer-Kurse, bei denen
wir Abwassersysteme an einer Wand verlegen mussten oder Rohre Verschweißen
durften.
Eine zweite Sache, die uns vor Beginn des Studiums versprochen wurde, war, dass man während des kompletten Studiums an Projekten aus dem richtigen Leben arbeiten kann und so gut auf das spätere Berufsleben vorbereitet wird. Während wir im ersten Semester noch ein Design für ein Gebäude frei erfinden durften, wurde uns im zweiten Semester ein etwa 3km2 großes Stück Land außerhalb Horsens zugeteilt, auf dem wir die Infrastruktur einer neuen Wohnsiedlung entwerfen sollten. Das Interessante hier war, dass wir das Stück Land besuchen konnten und mithilfe von eigens genommenen Bodenproben dieselben Schritte durchlaufen sind, die auch eine Firma machen würde, wenn sie dieses Projekt erhalten hätte. Im Geologie-Labor haben wir diese Proben analysiert und darauf basierend unsere Straßenfundamente ausgewählt. Das Projekt hat sich sehr real angefühlt und hat mir unheimlich Spaß gemacht.
Da es so viele praktische Aspekte in diesem Studium gibt,
bekommt theoretische Arbeit automatisch einen deutlich kleineren Anteil. Das
lässt sich besonders in den Prüfungen sehen. Freunde von mir, die dasselbe z.B.
in Frankreich studieren, wo das komplette Studium deutlich altmodischer
aufgebaut ist, haben andere Erfahrungen mit den Projekten und Prüfungen gehabt.
Wenn in Horsens z.B. die Prüfung für eines der schwersten Fächer wie Statik
ansteht, geht es vor allem darum, das Konzept der Rechnungen zu verstehen und
es gut erklären zu können. Wo in Frankreich vier Stunden lang in kompletter Stille
mit einem Stift und Taschenrechner Aufgaben auf Papier gelöst werden, hat man
in Dänemark eher einen 15-minütigen Dialog über Dinge, die man im Semester
gelernt haben sollte und anhand daran, wie man diese Dinge versteht, erhält man
seine Note.
Nicht nur bin ich am Anfang des zweiten Semesters endlich in eine schöne Wohnung umgezogen, ich habe auch Arbeit gefunden. Nachdem die komplette Bürokratie mit der dänischen persönlichen Identifikationsnummer und einem dänischen Konto nach mehreren Monaten endlich hinter mir lag, konnte ich mich bei Firmen für einen Studentenjob bewerben. Da ich zu diesem Zeitpunkt kaum Dänisch gelernt hatte und erst im zweiten Semester meines Studiums war, hat sich das aber als schwerer herausgestellt als zuerst angenommen. Arbeit in Cafés oder Restaurants ist in solch einer kleinen Stadt schwer zu finden, besonders wenn man sich nicht mit den Einheimischen unterhalten kann. Dasselbe Problem gab es auch bei den Ingenieursfirmen, wo mir einerseits die Dänische Sprache und andererseits auch fehlendes Wissen und Erfahrungen einen Strich durch die Rechnung gemacht haben. Nach ein paar Wochen hatte ich dann aber doch Glück.
Die Trendhim-Saga beginnt
Ein unscheinbares Ausschreiben an der Job-Wand im Gang meiner Uni hat die Aufmerksamkeit eines Freundes von mir geweckt. Er hat mir empfohlen, mich dort zu bewerben, da ich doch Deutsch als Muttersprache habe. Auf dem Plakat wurde nach einem Online-Marketing-Marketeer gesucht. Zu dem Zeitpunkt hatte ich keine Ahnung, was das überhaupt bedeutet. Nach kurzem Überlegen ist mir aber aufgefallen, wie wenige Deutsche ich bis jetzt in Horsens kennengelernt hatte. Das könnte bedeuten, dass es wahrscheinlich nicht allzu viele Konkurrenten für die Stelle gibt.
Kurz danach habe ich auch schon gleich meine Bewerbung abgeschickt und wurde fast umgehend zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen. Da hat sich dann herausgestellt, dass man nicht nur Deutsch, sondern auch Österreichisch von mir erwartet, damit ich für beide Märkte eingesetzt werden kann. Da ich den Job sehr gerne haben wollte und es eh niemand kontrollieren kann, ob ich Hochdeutsch oder mit österreichischem Dialekt spreche, habe ich denen einfach versichert, dass ich auch Österreichisch sprechen kann, da ich doch mal als Skilehrer gearbeitet habe. Das mit dem Skilehrer war keine Lüge, das Österreichisch schon.
Die Stelle habe ich letztendlich bekommen und meine wunderbaren 3 Jahre bei Trendhim haben in der Mitte meines zweiten Semesters begonnen. Mit der Zeit wurde das Team deutlich umgekrempelt und ich habe immer mehr Herausforderungen und Verantwortung bekommen. Selbst eine halbjährige Pause wegen meines Praktikums waren kein Problem und ich konnte anschließend wieder bei Trendhim weitermachen, als wäre ich nie weg gewesen.
SU – Das beste was Studenten jemals passiert ist
Mit dem ersten Job kam auch endlich die finanzielle Unabhängigkeit. Laut dem dänischen Gesetz steht jedem Studenten in Dänemark, der mindestens 43 Stunden im Monat arbeitet, die Studentenförderung „SU“ zu – 800 Euro monatliche Förderung vom dänischen Staat. Dieses Geld muss nicht zurückgezahlt werden und mit dem Mindestlohn von 16 Euro lässt es sich dort als Student hervorragend leben. Von nun an konnte ich endlich ein wenig rumreisen, zu Veranstaltungen und Konzerten gehen, und generell ein wenig ausschweifender leben. Ich bin mit Freunden zu Fußballspielen meiner Stadt gegangen, habe Kurzreisen in andere dänische Städte unternommen und einige Reisen für den Sommer gebucht.
Das erste Semester war definitiv nicht einfach. Auch wenn
wir viel Spaß hatten, ich viele Freunde gefunden habe und alles noch sehr
aufregend war, gab es mehrere Unannehmlichkeiten und einige Hürden zu nehmen.
Einerseits war dort die sprachliche Hürde, vor der ich von Anfang an ein wenig Respekt hatte. Auch wenn ich durch meine Zeit in den USA einen großen Wortschatz aufgebaut habe und ans Englische gewöhnt war, ist es doch nochmal was ganz anderes, komplizierte Mathematische und Physikalische Theorien auf Englischer Sprache wirklich zu verstehen. Diese Angst hat sich auch am Anfang des ersten Semesters gleich bewahrheitet. Zum Bauingenieurwesen gehören auch Statische Berechnungen von Stahl- und Betonkonstruktionen, mit welchen ich vor Dänemark noch nie in Kontakt gekommen bin. Während andere in meinen Kursen bereits einen Abschluss in einem ähnlichen Gebiet in der Tasche hatten oder ein Gymnasium zur Vorbereitung auf Ingenieursstudiengänge besucht haben, stand ich mit meinem Wissen ganz am Anfang und habe nur die Hälfte der Vorlesungen verstanden.
Glücklicherweise hat man in Dänemark eine relativ enge „Beziehung“ zu den Professoren (vergleichbar mit dem deutschen Abi und den Lehrern dort), und die schwachen Resultate in den Hausarbeiten sind meinem Professor aufgefallen. Er hat mir und auch anderem im Kurs, die Probleme hatten, dann extra Stunden gegeben, die mir echt enorm geholfen haben.
Der Wohnungs-Horror fängt jetzt erst richtig an
Während ich in der Uni langsam die Kurve bekomme, geht es in
meiner Wohnung nur bergab. Einer meiner Zimmergenossen arbeitet Nachtschichten
von Mitternacht bis 6 Uhr morgens, man kann sich also nur in absoluter Stille
zwischen 16 Uhr nachmittags und Mitternacht im Zimmer aufhalten, um ihn nicht aufzuwecken
und morgens um 6 wird man wach, wenn er von der Arbeit kommt. Einer im Zimmer
schnarcht immer und ich lebe nach Wochen immer noch aus meinem Koffer, den ich
unter meiner Matratze aufbewahre. Der Rest der Wohnung war auch nicht sehr
einladend und Ich habe im ersten Semester letztendlich mehr Zeit auf dem Campus
verbracht als erwartet. Die Stimmung in der Wohnung war sehr gereizt und es kam
immer wieder zu Auseinandersetzungen. Schon nach wenigen Wochen war mir klar,
dass ich da nicht länger bleiben möchte und habe mich gegen Ende des ersten
Semesters mit einem Freund aus meinem Kurs in der Stadt nach einer neuen
Wohnung umgeguckt. Da Umziehen relativ viel Geld kostet und ich bis dahin noch
arbeitslos war, wollte ich aber sichergehen, dass das mein erster und letzter
Umzug in Horsens sein wird. Für 2 Monate habe ich mit meinem Freund Wohnungen
angeschaut bis wir am Anfang des zweiten Semesters endlich eine bezahlbare und
große 3 Zimmer Wohnung finden konnten.
Endlich angekommen und glücklich
Und diese Wohnung hatte es in sich. 90m2 mitten in der Innenstadt, ein Zimmer für jeden und ein Wohnzimmer in dem man endlich richtig Spaß haben konnte.
Dort war sogar so viel Platz, dass wir uns einen Billardtisch ins Wohnzimmer stellen konnten, ohne andere Möbel rauszuschmeißen. Nicht nur haben wir uns super mit dem Vermieter verstanden, wir hatten auch beide dieselbe Vorstellung davon, was wir aus der Wohnung machen wollen. Der Einzug in die neue Wohnung hat nun den Startschuss für viele Feiern und Abendessen mit Freunden gegeben, und wir hätten beide (Ich und mein Mitbewohner) nicht glücklicher sein können.
Fazit
Gib nicht gleich auf, wenn in den ersten Wochen und Monaten nicht alles so läuft wie man es sich zuerst vorgestellt hat. Bei mir hat es auch ganze 8 Monate gedauert bis ich endlich glücklich mit meiner Wohnung geworden bin. Und ein kleiner Tipp, der mir und meinem Mitbewohner geholfen hat, den Vermieter zu überzeugen: Als einzige der ca. 30 Interessenten für die Wohnung sind wir beide in unseren feinsten Anzügen gekommen, nur damit er sich an uns nach allen Besichtigungen erinnert. Das war letztendlich der ausschlaggebende Punkt bei der Vergabe, es mag allerdings nicht immer funktionieren.
Die erste Woche in meiner neuen Heimat war sehr intensiv.
Während der Einführungswoche haben die Professoren schon in der Mittagspause
dänisches Bier serviert und abends ging es mit allerlei Veranstaltungen weiter.
Ein Geburtstag, Wohnungseinweihungen, Grillfeste, Studentenbareröffnung und ein
traditionelles zweitägiges Mittelalterfestival im Herzen der Stadt, haben kaum Platz
zum Schlafen und Kofferauspacken gelassen.
Dänische Direktheit und Wassertürme
Ein Merkmal der Dänen, das sich durch meine komplette Auslandsstudiums-Erfahrung zieht, ist der informelle Umgang der Dänen mit anderen Leuten. Egal ob es dein Professor, der Direktor der Universität, dein direkter Vorgesetzter oder der CEO eines Billionen-Euro-Konzerns ist, man spricht sich mit dem Vornamen an, als ob man sich schon seit Jahren kennt. Von der deutschen „Steifheit“ beim Umgang mit Fremden oder Höherrangigen ist hier nichts zu finden, obwohl Horsens gerade mal 150 Kilometer hinter der Grenze liegt. Vom ersten Tag an habe ich meine Professorin mit Dorte angesprochen und bis zum 3. Semester kannte ich Ihren Nachnamen nicht mal. In der Einführungswoche waren unsere zwei Professoren auch eher wie Freunde oder Mentoren zu uns Erstsemestern. Neben verschiedensten Aktivitäten, um den Campus kennenzulernen, haben wir auch an unserem ersten „Ingenieursprojekt“ gearbeitet. Das Ziel war die Konstruktion eines Wasserturms aus dünnen Holzstäbchen, welcher anschließend einen Wassereimer tragen musste. Das Team mit dem Wasserturm, der das meiste Wasser im Eimer tragen konnte, hat gewonnen.
Der Wasserturm meines Teams war zwar nicht der schönste und
stabilste, Spaß hat es aber trotzdem gemacht. Während des Wettbewerbs haben wir
dann auch kühles Bier mit unseren Professoren genossen.
Zurück im Mittelalter, und anderes Sehenswertes
Gleich in meiner ersten Woche in Dänemark fand ein großes Mittelalterfestival statt. Besucher aus ganz Dänemark kommen dort für ein Wochenende nach Horsens und schauen mittelalterlichen Tänzen, Lanzenkämpfen und Wettbewerben im Ringen zu, während rund um den Veranstaltungsort dänische Spezialitäten verspeist und getrunken werden. Mein persönlicher Favorit ist der Honigschnaps mit einem ähnlichen Alkoholgehallt wie Wein, der in kleinen Tonbechern serviert wird. Diese Zeit haben wir auch genutzt, um die Stadt ein wenig besser kennenzulernen. Mit meinen Kommilitonen haben wir die ersten Grillabende am „Troll Strand“ von Horsens gefeiert und uns sogar zum Schwimmen in den kühlen Horsens Fjord gewagt.
Der Strand heißt übrigens Troll-Strand, da dort mehrere
Übergroße Troll-Statuen verteilt sind. Genau wie auch die berühmte Meerjungfrau
in Kopenhagen, lehnen sich diese Figuren an Märchen von Hans Christian Andersen
an, eine nationale Ikone Dänemarks.
Nach Monaten auf Ausbildungsmessen, Orientierungsveranstaltungen, Tagen der offenen Tür und anderen Veranstaltungen in meinem letzten Halbjahr vor dem Abi konnte ich mich endlich für ein Studium und einen Standort entscheiden. Am Ende fiel meine Wahl auf den Studiengang „Civil Engineering“, was dem Deutschen „Bauingenieurswesen“ gleichsteht. Der Standort erschien vielen in meinem Umfeld ein wenig ungewöhnlich und ich musste mich vor Freunden und Familie oft ein rechtfertigen. Im August 2016, ein Jahr nach meinem Abi, ging es in die dänische Hafenstadt Horsens.
Mit knapp unter 60.000 Einwohnern ist Horsens für viele ein unbekannter Fleck auf der Landkarte. Überzeugt hat es mich allerdings mit einem sinnvollen Curriculum (komplett auf Englisch), vergleichsweise niedrigen Mieten und der Nähe zum Wasser. Egal wo du wohnst, es dauert nie mehr als 5 Minuten mit dem Rad zum nächsten Hafenbecken oder zum Strand.
Mein persönlicher Fehlstart
Nun ein wenig mehr zu meinem tatsächlichen Start in Dänemark. Der hätte von Stress und Fehlplanung gar nicht genug haben können. Um mich vorweg schonmal in Schutz zu nehmen: Viele dieser Probleme sind auf eine 4‑monatige Reise zurückzuführen, die ich direkt vor meinem Studienstart in Horsens beendet hatte (und natürlich meine eigenen Versäumnisse). Mitte Juli ging es nach 4 Monaten in Asien zurück in die Heimat, wo ich noch 4 Wochen zur Vorbereitung auf meinen Studienstart hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich weder eine Wohnung noch ein Englisch-Zertifikat, um meine Immatrikulation voll abzuschließen. Während der Reise hat mich die Uni schon mehrmals darauf hingewiesen dieses Zertifikat nachzuweisen. Mit meinem jugendlichen Leichtsinn habe ich aber versucht meinen 1‑jährigen Auslandsaufenthalt in den USA als „offizielles Englischzertifikat“ zu verkaufen (was natürlich nicht geklappt hat). Glücklicherweise bot die Uni ein „On-Campus“ Englischtest für die an, die bis dahin alle Möglichkeiten verschlafen hatten. Dieser Test fand nicht mal zwei Wochen vor dem offiziellen Studienstart statt, was es zu einer Alles-oder-Nichts Situation gemacht hat. Sollte ich durchfallen, kann ich gleich wieder nachhause fahren.
Der Wohnungshorror
Dann zu meinem zweiten Versäumnis. Aufgrund der Ungewissheit, wie es mit dem Englischzertifikat ausgeht, habe ich die Wohnungssuche so lange aufgeschoben, bis ich ein finales „Okay“ hatte. Am Wochenende des Tests bin ich das erste Mal nach Horsens gefahren und habe da das erste Mal wirklich nach einer Bleibe geguckt. Da der Studienstart kurz bevorstand, waren zu diesem Zeitpunkt alle Studentenwohnheime allerdings schon ausgebucht und ich war auf das erste Zimmerangebot angewiesen, das mir in die Finger kam. Am selben Wochenende des Tests konnte ich glücklicherweise gleich eine Wohnungsbesichtigung organisieren. Da ich zu sehr unter Zeitdruck stand, habe ich das Angebot auch gleich angenommen, ohne richtig zu realisieren, unter welchen Bedingungen ich gerade den Vertrag unterschrieben habe. Bei dem Zimmer handelt es sich um ein geteiltes Zimmer mit 2 weiteren Studenten. Bei genügender Zimmergröße wäre das theoretisch nicht allzu unbequem, das Zimmer hatte allerdings nur 16 m². Das bedeutet, dass neben den drei Betten nicht mal Platz für einen Schrank da war. Mehr zu meinen Erfahrungen aus dieser Wohnung folgen in den nächsten Beiträgen 😉
Mein Rat an alle, die gerne im Ausland studieren möchten:
Besorgt euch ein TOEFL oder Cambridge Certificate (oder ein ähnlich verbreitetes Englisch-Zertifikat) so früh wie möglich, um von Anfang an die Gewissheit zu haben, dass ihr den Bewerbungsprozess übersteht. Und wartet nicht mit der Wohnungssuche. Erspart euch überteuerte und unbequeme Wohnungen, indem ihr euch schon mehrere Monate vor Studienstart informiert und ggf. etwas reserviert, falls die Bewerbung noch nicht komplett abgeschlossen ist.
Wo machst du deinen Auslandsaufenthalt? In der Kleinstadt Horsens in Dänemark. Das 55.000 Seelen Städtchen liegt an der Ostküste, direkt am Horsens Fjord. Was machst du da? Ich habe in Horsens ein 3,5‑jähriges Vollzeit Civil Engineering Bachelorstudium angefangen und abgeschlossen. Von wann bis wann? Von August 2016 bis Januar 2020
Wieso hast du dich für diesen Auslandsaufenthalt entschieden?
Ich hatte schon immer den Drang in anderen Ländern zu leben. Nach einem High School Austausch in den USA, einem halben Jahr in Österreich und mehreren Monaten auf Reisen war für mich klar: Das reicht mir noch nicht. Ich will auch mein Studium im Ausland machen.
Wie finanzierst du deinen Auslandsaufenthalt?
In Dänemark kommt man als Student finanziell sehr gut auch unabhängig von den Eltern über die Runden. Das dänische Äquivalent zu Bafög unterstützt jeden Studenten einer dänischen Uni aus der EU mit 800 Euro monatlich. Der Mindestlohn liegt bei ca. 16 Euro, wenn man dann noch jobben geht. Und mit weiterer Unterstützung zum Beispiel durch Wohngeld und Kindergeld, kann man als Student gut leben und gleichzeitig noch Geld ansparen oder viel verreisen.
Was sind deine Hobbies?
Meine größte Leidenschaft ist das Skifahren und Skitourengehen. Da ich das aber nur wenige Wochen im Jahr machen kann, habe ich auch noch andere Hobbys wie Schachspielen, Hockey, Badminton und feiern gehen.
Was ist dein Lieblingsgericht?
Während meiner Zeit in Dänemark habe ich Kochen für mich entdeckt und viele Gerichte von meinen Reisen nachgekocht. Besonders gefällt mir die malaysische Küche mit ihren verschiedenen Reisgerichten wie Nasi Lemak oder Nasi Goreng.
Wie liefen die Vorbereitungen für deinen Auslandsaufenthalt ab?
Mittlerweile bin ich voll und ganz in Dänemark angekommen. Vor meinem Auslandsstudium habe ich aber schon mit den Basics der dänischen Sprache angefangen und mich nach Freizeitaktivitäten und Facebook-Gruppen umgeschaut, um direkt Anschluss zu finden.
Was musste auf jeden Fall mit in deinen Koffer?
Wenn ich zurück an meinen Umzug nach Dänemark denke, gibt es ein paar Sachen bei denen ich sehr froh bin, sie mitgenommen zu haben. Einerseits haben mir meine Sportsachen (Hockey- und Badmintonschläger) gleich erlaubt, mich den Teams in Dänemark anzuschließen, was es sehr einfach gemacht hat, Anschluss zu finden. Da aller Anfang schwer ist, besonders wenn man das erste Mal wirklich aus dem Heimatland wegzieht, hat es mir außerdem sehr geholfen, mehrere Andenken wie Fotoalben etc. mitzunehmen. Die haben mich aufgemuntert, wenn es mal nicht so reibungslos lief.
Worauf hast du dich am meisten gefreut?
Am meisten habe ich mich damals auf die Freiheit und Eigenständigkeit gefreut, die mit einem Neustart in einem neuen Land kommen. Außerdem habe ich mich sehr auf die vielen unbekannten Faktoren gefreut. Wo werde ich Arbeit finden? Was kann ich in der neuen Stadt alles sehen und erleben? Werde ich schnell Freunde finden?
Mit was für Schwierigkeiten hast du gerechnet?
Aufgrund meines Auslandsaufenthaltes in den USA war die englische Sprache keine Hürde mehr. Ein komplettes Ingenieurs-Bachelorstudium auf Englisch ist dann aber schon ein wenig schwerer als normale Unterhaltungen mit Amerikanern.
Dein Blog: Warum bloggst du, was willst du mitteilen?
Vor zwei Jahren habe ich meinen eigenen Blog eröffnet, auf dem ich über meine Reisen und Erfahrungen in Dänemark geschrieben habe. Aufgrund von Zeitmangel musste ich ihn aber einstellen. Jetzt möchte ich hier die Möglichkeit nutzen, meine Erfahrungen nochmal Revue passieren zu lassen und mit anderen zu teilen.
Was erwartet die Leserinnen und Leser in den nächsten Wochen und Monaten auf deinem Blog?
Viele Tipps, Tricks und Erfahrungsberichte, wie man sein Auslandssemester oder Auslandsstudium spannend gestalten kann und wie man es sich einfacher machen kann. Außerdem möchte ich über die Dinge schreiben, über die man sich umsonst den Kopf zerbricht und was wirklich zählt, wenn man sich für solch einen Schritt im Leben entscheidet.
Tansania — das geweihte Land von Simba und Mufasa, Savanne soweit das Auge reicht. Diese Vorstellung hatte ich, als ich die Zusage für ein Deutsch-Tansanisches Dokumentarfilmprojekt bekam. Doch es sollte anders kommen…
Die Reise begann in Daressalam, der größten Stadt Tansanias direkt an der Küste zum indischen Ozean. Wir, alles junge Leute aus Deutschland und Tansania, kamen im „Tiffany Diamond Hotel“ unter. Der Name des Hotels war wirklich Programm, die ganze Lobby glitzerte und funkelte. Alles super schick, nur die Bilder an den Wänden waren alle schief.
Mit einem winzigen Reisebus, der seine besten Tage schon hinter sich hatte, ging es am nächsten Tag los nach Dodoma, der Hauptstadt Tansanias. Das Einladen der Koffer glich dem Spiel „Tetris“ und ich weiß bis heute nicht, wie wir alle in den Bus gepasst haben. Die Fahrt nach Dodoma dauerte einen ganzen Tag lang, aber durch das Fenster konnte ich einiges vom Land sehen. Viele Menschen saßen draußen vor ihren Häusern oder Verkaufsständen und sobald der Bus anhielt, wurde versucht, uns Bananen oder Nüsse zu verkaufen. Einmal wurden wir sogar von der Polizei angehalten und mussten Geld bezahlen. Natürlich nur, weil einige nicht angeschnallt waren und nicht, weil der Bus voller europäischer Menschen war.
Die Unterkunft in Dodoma, das „Fantasy Resort“ hätte auch ein verlassener Spaßpark aus einem Horrorfilm sein können. Keine Gäste außer unserer Gruppe, ein Springbrunnen aus Delphinen, der nicht lief, Disneymusik am menschenleeren Pool, schon alles ein bisschen gruselig. Tatsächlich aber diente das Resort als Wochenendort für Familien aus der Stadt. Mit Kindern auf dem Spielplatz und Menschen im Pool wirkte alles dann doch nicht so schlimm.
Ein tolles Erlebnis war der Besuch eines Marktes in Dodoma. Kunstvoll drapiertes Obst und Gemüse, neue Gerüche und Geräusche, in diesem Moment hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, angekommen zu sein. Auf dem Markt gab es alles, von Schmuck über Bleichmittel als Bodylotion für „tolle Haut“, Radios und Kleidung war alles dabei.
Nach einigen Tagen ging der Filmdreh los. Das Thema unserer Doku ist second-hand Kleidung und unser Hauptdrehort der Markt „Sabasaba“. Um vor Ort drehen zu dürfen, mussten wir uns persönlich beim Marktmanager vorstellen. In einer kleinen, dunklen Blechhütte am Rand des Marktes saßen wir wie die Hühner auf der Stange und gaben uns den kritischen Fragen des Managers hin. Das besondere an ihm- er ist ein Albino. Später lernten wir, dass Albinos in Tansania oft von „Heilern“ verfolgt und getötet werden, um ihre Knochen zu Heiltränken zu verarbeiten. Daher werden Albinos von ihren Mitmenschen stark beschützt und geachtet.
Das Drehen stellte sich schwieriger heraus als gedacht. Viele der Verkäufer waren kritisch, denn sie hatten schlechte Erfahrungen mit weißen Menschen und Kameras gemacht. Einige der Verkäufer meinten, dass Weiße oft in die Märkte kämen, und die Arbeit und das Leben der Einheimischen als „Armut“ darstellen, um die Aufnahmen an NGOs zu verkaufen. Eine wichtige Sache, die ich gelernt habe, ist: Nichts ist besser oder schlechter, es ist nur anders. Nur weil viele Menschen in Tansania weniger Geld haben als der Durchschnittsdeutsche, heißt es nicht, dass sie weniger glücklich sind. Ich war froh Joyce dabeizuhaben, eine unglaublich engagierte Tansanierin, die unser Vorhaben den Verkäufern erklären konnte und das Einverständnis einholte. Sobald die Protagonisten verstanden hatten, dass mein Team und ich nur Studenten sind, die einen Film drehen, waren sie sehr offen und gastfreundlich und wir haben viel zusammen gelacht.
Teil der Reise war auch ein Kurztrip nach Sansibar. Auch hier wurde schnell klar, dass die Realität ganz anders aussieht als auf Instagram, wo alle nur die schönsten Ecken der Insel zeigen. Unsere Unterkunft war umgeben von heruntergekommenen Plattenbauten, ein Überbleibsel aus DDR-Zeiten. Der Grund unseres Trips nach Sansibar war der Besuch des ältesten Fernsehsenders Ostafrikas und eines Filmfestivalbüros. Leider hat sich hier die tansanische Vergesslichkeit gezeigt — trotz Ankündigung wusste in beiden Fällen angeblich niemand mehr, dass wir einen Termin zur Besichtigung hatten.
Ein kulinarisches Highlight begegnete uns dafür auf einem Foodmarket in der Nähe von „Stonetown“. Nach Sonnenuntergang bauen tansanische Köche dort ihre Stände auf und backen „Sansibar Pizza“, ein Gericht aus zwei kleinen, runden Teigscheiben, gefüllt mit Gemüse, Ei, Käse und ganz viel Mayo. Klingt außergewöhnlich, ist es auch- aber ziemlich lecker!
Obwohl ich den Anweisungen von „Hakuna Matata“, Kiswahili für „kein Sorgen“ nicht ganz folgen konnte und die Reise nach Tansania mich viele Nerven und Tränen gekostet hat, möchte ich nichts des Erlebten missen. Ich habe ein Land erlebt, wie es wirklich ist und nicht, wie die geschönte Social-Media-Welt es präsentiert. Ein Land voller Überraschungen, mit lieben, gastfreundlichen Menschen und faszinierenden Geschichten. Trotz der Tatsache, dass es für mich statt Savanne nur Savanna gab (ein echt leckerer Apfelcidre) und ich erfahren musste, dass Simba einfach nur „Löwe“ auf Kiswahili heißt, war es definitiv eine Reise, die ich nie vergessen werde.